Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Landkreis Neunkirchen mbH

 

Hochstart mit Spaten und Objektiv

Nach intensiven Berliner Jahren zog es Fotografin Darina Ludes wieder zurück in die Heimat. In ihrer neuen Lebens-und Wirkungsstätte inszeniert sie Produkte vor der Kamera, einige davon selbst angebaut im Garten hinterm Haus

Beim Fotografieren ist es wie sonst auch im Leben: Die einfachsten Dinge erweisen sich oft als die besten. Schnittlauchblüten zum Beispiel. Beim Rundgang durch den urwüchsigen Garten deutet Gastgeberin Darina Ludes auf die knall-lilafarbenen Puschel. „Man kann sie auseinanderzupfen und dann auf dem Essen verteilen.“ Die Blüten peppen optisch wie geschmacklich jeden Salat auf. Für die Fotografin sind die selbst angelegten Gemüse- und Kräuterbeete nicht nur ein tolles Hobby, sondern dienen ihr zugleich beruflich als Inspirationsquelle und Fundus. Mal eben einen Stengel zartes Fenchelgrün fürs Topping vor die Kamera holen oder ein Radieschen, aus dessen Wurzeln Erde rieselt: unvorstellbar in Berlin. „Da haben wir auf eine Wand geblickt“ statt auf sattes Grün unterm Walnussbaum.

Noch ein Grund, warum Darina Ludes seit fünf Jahren Wellesweiler der Hauptstadt mit ihrem „zu viel, zu laut, zu voll“ vorzieht. Corona gab den letzten Ausschlag, zurück ins Saarland zu gehen – ins leerstehende Haus der Mutter ihres Mannes. „Ich habe gelernt, wie man mauert, verputzt und diverse Dinge lackiert.“ Stück für Stück verwirklicht das Paar seinen Traum vom eigenen Wohnen. Im Erdgeschoss hat sich Darina Ludes ihr Studio eingerichtet. Hier fotografiert sie Lebensmittel und Produkte, hier bearbeitet sie Fotos, schneidet Videos, bespielt Social Media und managt ihre One-Woman-Firma.

Bis November setzte sie für das Düsseldorfer Erfolgs-Start Up „Just Spices“ als Senior Photographer pfiffige Gewürzmischungen in Szene. Fünf Jahre lang Rezepte kochen, stylen, shooten. Gelernt hat die gebürtige Saarbrückerin den Beruf von der Pike auf – mit analoger und digitaler Technik. Inneneinrichterin wäre ihre zweite Wahl gewesen, inzwischen kann sie beides vereinen, in dem sie detailverliebt Sets aufbaut, Licht setzt und Räume für Shootings gestaltet.

Nach der klassischen dualen Ausbildung in Heidelberg zog es Darina Ludes in die Weltstadt an der Spree, wo sie als Berufsanfängerin gleich bei Brands4Friends, dem damals erfolgreichsten Online-Shopping-Club Deutschlands, einsteigen konnte. Ein echter Glücksfall. „Wir haben mit kleinem Budget Kampagnen unter anderem für eBay Fashion umgesetzt“, dazu kam Produktfotografie für Online-Anbieter, Still Life (Stillleben)-, Kinder- und Modefotografie. Schnell liefern müssen, maximal originell sein und dabei den Aufwand so gering wie möglich halten – das schult immens. „Es wurde super viel improvisiert, zum Beispiel haben wir für Ice Watch Uhren in Tupperdosen eingefroren.“

Nun soll es was eigenes sein. Zum 1. Mai meldete Darina Ludes ihr Gewerbe an. Vermutlich ein ziemlich mutiger Schritt, selbst für jemanden mit so viel Erfahrung und Professionalität? Ja und nein. Klar war es schon mal einfacher, mit der Kamera Geld zu verdienen. Als Bilder weniger beliebig und mobile Telefone noch nicht serienmäßig mit Kameras ausgestattet waren Ganz zu schweigen von KI, die heute aus großen Datensätzen selbständig synthetische Bilder produziert. „Das Genre verändert sich“, stimmt Darina Ludes zu. Doch letztlich macht die Qualität – heute wie damals – den Unterschied. „Es gibt genug Menschen, die ein gutes Foto wertschätzen. Diese Kunden muss man nur finden.“

Oder man wird gefunden. Ihren ersten Auftrag bekam Darina Ludes gleich von einem ganz großen Player in der Szene: Canon. Die deutsche Niederlassung des in Japan beheimateten Weltmarktführers beim Verkauf digitaler Kameras buchte sie für die OMR Fachmesse in Hamburg. Zwei Tage, sechs Sessions, bei denen sie jeweils 45 Minuten live zeigte, wie man Essen bildschön ablichtet. Eine echte Herausforderung, „ich musste aus der Komfortzone raus.“ Aber alles klappte, „ein mega Start“., nachdem Canon bereits Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit signalisierte.  Unabhängig davon lautet der Plan für die nächsten Wochen: verstärkte Akquise und netzwerken. „Ich möchte gern lokale Brands, Betriebe mit Food-Bezug und Restaurants auf mich aufmerksam machen.“ Natürlich dürfen es auch große, bekannte Marken mit interessanten Produkten sein, „ich bin da flexibel“: Aufträge kann Darina Ludes im Home Studio umsetzen, „oder ich packe mein Equipment ein und reise durch ganz Deutschland zu den KundInnen“. Die Basis im beschaulichen Neunkircher Stadtteil Wellesweiler steht jedenfalls wie eine Eins, Schnittlauch eingeschlossen.

 

Bildquelle: WFG