Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Landkreis Neunkirchen mbH

 

Wie mache ich mich selbständig?

WFG und Netzwerk-Partner informierten in der bundesweiten Gründerwoche Migrantinnen und Migranten auf Augenhöhe 

Viele Migranten in Deutschland würden gern lieber heute als morgen ein Unternehmen gründen. Das heißt, sie möchten schnellstmöglich (wieder) selbstständig als Friseurin im eigenen Salon, als Zahnarzt in einer eigenen Praxis oder als Handwerker im eigenen Betrieb arbeiten. Aber ohne Geduld und eine gewisse Zähigkeit dürfte es schwierig werden. Einen ersten Eindruck, was da auf Gründer mit einer nicht deutschen Nationalität zu kommt, vermittelte ein Seminar, welches die Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Landkreis Neunkirchen zusammen mit der HTW-Tochtergesellschaft FiTT gGmbH und dem Jobcenter Neunkirchen organisiert hatte. Der Einladung an die Bliesterrasse folgten etliche Interessierte, darunter sowohl jüngere Leute als auch Eltern mit schulpflichtigen Kindern. Dank durchgehend gedolmetschter Inhalte konnten die russisch- und ukrainisch sprechenden Teilnehmer alles mühelos verstehen.

Bevor die Vertreter des Instituts für Technologietransfer an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (FiTT) richtig einsteigen konnten, nannte Darius Nadery von der Handwerkskammer des Saarlandes vor ab schon mal drei zentrale Punkte: „Notwendig ist eine Sachkundeprüfung“, wobei es da auch eine verkürzte Version gibt. Diese können Antragsteller ab 40 Jahren geltend machen, die über eine Ausbildung im Beruf verfügen und/oder hinlänglich Erfahrung mitbringen. „Und sie brauchen Deutschkenntnisse.“ Denn bei der Prüfung ist kein Dolmetscher zugelassen. Die zweite Hürde bildet laut Nadery die Anerkennung ausländischer Abschlüsse: „Da ist die Vergleichbarkeit oft nicht gegeben.“ Noch schwieriger wird es, wenn es sich um ein meisterpflichtiges Handwerk handelt. „Wer selbst keinen Meisterbrief vorweisen kann, hat die Möglichkeit, einen Meister als Betriebsleiter einzustellen. Allerdings Vollzeit, was natürlich ein erheblicher Kostenfaktor für ein Start up darstellt.

Wobei es gar nicht immer eine Neugründung sein muss, vermittelte Ludmila Banaru, Projektleiterin bei „MIGRISx – Migrantinnen und Migranten gründen im Saarland“, angesiedelt beim FiTT. „Eine gute Option kann eineNachfolge sein“, aber auch Franchise bietet sich an. In ihrem Impulsvortrag klärten sie und ihr Kollege Pavel Kovalskyi zunächst die Zuständigkeiten: Im Handwerk ist das die Handwerkskammer (HWK), im Dienstleistungssektor sowie im Handel die Industrie- und Handelskammer (IHK). Für Ärzte, Architekten und Ingenieure sind eigene Kammern zuständig, Consulting gehört eher in das Hoheitsgebiet der Verbände. Um Geld für den Start zu bekommen, ist zwingend ein Businessplan vorzulegen. Zu den häufigsten Fehlern, die Gründer machen, gehört es, die eigene Idee nicht kritisch genug zu hinterfragen: „Man sollte sich genau überlegen, wer meine potentiellen Kunden sind und ob meine Branche in Deutschland überhaupt funktioniert.“ Gibt es überhaupt eine Nische für mich? Was beispielsweise im Gastrobereich schon sehr kritisch wird. Wichtig ist zudem, zu klären, wie man eine Kalkulation erstellt und welche Werbung nützlich ist. „Es bringt nichts, wahllos in Werbemittel zu investieren.“ Zudem wissen Gründer oft nicht, wann welche Art von Steuern gezahlt werden müssen.

Ein Punkt, den die Vertreterinnen des Jobcenters und der Agentur für Arbeit mit Nachdruck herausstellten, ist: „Immer als aller erstes einen Beratungstermin vereinbaren“, also noch bevor man ein Objekt anmietet oder irgendwelche Verträge unterschreibt. Denn dann verliert man die Chance und den Anspruch auf Förderung. Einen guten Tipp hatte Nadery zum Abschluss parat: So bieten die HWK und die IHK relativ kurzfristig Beratung und Coaching in größerem Umfang an. „Maximal 32 Stunden können Gründer kostenlos in Anspruch nehmen“, genug, um sich über die Tragfähigkeit der Idee klar zu werden, gemeinsam Kalkulationen zu besprechen und den Businessplan unter Anleitung aufzustellen.

WFG-Geschäftsführer Klaus Häusler beendete den offiziellen Teil lächelnd mit der Feststellung, dass er erstmals bei einer Veranstaltung sprachtechnisch weniger verstanden habe als die Teilnehmer. Was auch für das Come together im Anschluss zutraf: Nutzten doch viele der Anwesenden gern noch die Gelegenheit, persönlich mit den Referenten in ihrer Heimatsprache ins Gespräch zu kommen.

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Bild 01 v.l.n.r. : D.Nadery (HWK); L.Banaru (Fitt gGmbH) ; C.Arend (Jobcenter); K.Häusler (WFG); P.Kovalskyi ( Fitt gGmbH)_ Quelle WFG-NK